Bahai im Iran

Bereits vor der Islamischen Revolution kam es im Iran zur Diskriminierung der Bahai. Hier zu sehen die Zerstörung des National Bahai Centers in Teheran, ca. 1955.

Systematische Diskriminierung seit islamischer Revolution

Der neunzackige Stern ist eines der am häufigsten verwendeten Symbole der Bahai-Religion. Er symbolisiert Vollkommenheit und Einheit.

Der Schrein des Bab in Haifa, Israel, ist eines der höchsten Heiligtümer der Bahai sowie ein wichtiges Pilgerziel. Quelle: Sergey Prokudin-Gorsky

Das inoffizielle Führungsgremium der Bahai ist 2008 verhaftet und 2010 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Mittlerweile sind alle Mitglieder freigekommen.

Die Bahai sind die größte nicht-muslimische religiöse Minderheit im Iran. Obwohl sie ursprünglich aus dem Iran stammen, werden sie dort seit ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert diskriminiert und verfolgt. Entgegen den Vereinbarungen des UN-Zivilpakts, den auch der Iran unterschrieben und ratifiziert hat, werden die Bahai in der Wahrnehmung sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Rechte und vor allem in der Ausübung ihrer Religion stark behindert. Es finden mediale Hetzkampagnen statt und immer wieder kommt es zu gewalttätigen Übergriffen; nicht nur durch den Staat, sondern auch durch paramilitärische Organisationen.

Neueste Diskriminierungsmethode gegen die Bahai erfolgte im Januar 2020

Im März 2019 wurden Ebrahim Raisi zum Chief Justice of Iran und Husseim Salimi zum Kommandeur der Revolutionsgarden ernannt. Beide gelten als islamistische Hardliner, was die Gefahr für die Bahai intensiviert. In der UN wurden vereinzelte Stimmen laut, die eine R2P-Maßnahme (Responsibility to protect) fordern, um systematische Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern. Die Bewilligung einer solchen Maßnahme hat in diesem Fall jedoch kaum Aussichten auf Erfolg.

Eine neue Diskriminierungsmethode der Regierung gegen die Bahai erfolgte im Januar 2020 mit der Einführung der neuen Chipkarten-Personalausweise. Die Religion muss im Ausweis angegeben werden, jedoch kann jetzt nur noch zwischen den vier anerkannten Religionen Islam, Christentum, Judentum und Zoroastrismus gewählt werden. Die Option „Andere Religion“ besteht nicht mehr. Die Bahai sind also entweder gezwungen eine falsche Religion anzugeben oder sie verzichten auf einen Großteil staatlicher Dienstleistungen und wirtschaftlicher Transaktionen wie die Beantragung eines Reisepasses, Führerscheins, die Eröffnung eines Bankkontos, den Kauf eines Grundstückes, die Aufnahme eines Kredites usw. Die Bahai sind also vor die Wahl gestellt ihre Religion zu verleugnen oder ihr Leben massiv einzuschränken.

Historische Entwicklung

Verfolgt werden die Bahai im Iran seit ihrer Entstehung, aber nach der islamischen Revolution 1979 wurde die ablehnende Einstellung gegenüber den Bahai zur staatlichen und politischen Leitlinie. In der iranischen Verfassung von 1979 wurde schließlich festgeschrieben, dass Zoroastrismus, Judentum und Christentum die einzigen anerkannten Minderheitenreligionen sind, die in beschränktem Maße ihre Religion und ihren Glauben ausüben dürfen. Nach Artikel 14 der Verfassung werden zwar die Menschenrechte aller Minderheiten garantiert; dies jedoch nur unter dem Vorbehalt der Regimetreue. Menschenrechte können also per Verfassung ausgesetzt werden, sobald der Verdacht einer Verschwörung gegen das Regime oder den Islam besteht.
Die Aktivitäten paramilitärischer Organisationen zur Verfolgung der Bahai erfuhren gerade in den 1980er-Jahren einen großen Zustrom. Anhänger der Bahai-Religion wurden verschleppt und hingerichtet. In Gerichtsverfahren wurden die Bahai vor die Wahl gestellt ihr Eigentum, ihren Job, ihre Rente und ihre persönliche Sicherheit zu wahren und sich zum Islam zu bekennen oder aber an ihrem Glauben festzuhalten und zu Haftstrafen oder sogar Hinrichtungen verurteilt zu werden. Ein absoluter Widerspruch zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und zum UN-Zivilpakt.

Die Verfolgung der Bahai systematisierte sich als Ali Chamenei im Iran an die Macht kam. Unter ihm wurde das Golpaygani-Memorandum von der Regierung entworfen und unterzeichnet. Es wurden Maßnahmen in die Wege geleitet, durch die die Entwicklung und der Fortbestand der Bahai, sowohl im Inland als auch im Ausland, unterbunden werden sollte. Dazu gehörte zum Beispiel, dass Eltern, die der Bahai-Religion angehören, ihre Kinder nicht mehr nach ihren religiösen Werten erziehen sollten. 1994 wurden mehrere Bahai unter dem Vorwurf der Apostasie hingerichtet. In den späteren 1990er-Jahren entwickelte sich die Verfolgung der Bahai weg von Hinrichtungen hin zu sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Diskriminierung. Bahai wurden aus dem öffentlichen Dienst entlassen, bekamen keine Sozialversicherung und Rente. Sie wurden enteignet und ihr Eigentum verstaatlicht; Kindern und Jugendlichen der Bahai wurde der Zugang zu höherer Bildung verwehrt. Bis heute kommt es immer wieder zu medialen Hetzkampagnen, die alle Muslime dazu aufrufen, die Bahai in ihrer Religionsausübung zu behindern.

Verhaftung des Führungsgremiums der Bahai

Im Zentrum der Verfolgung steht das Bahai Institute for Higher Education, dass 1980 gegründet wurde, um den Jugendlichen der Bahai eine universitäre Ausbildung zu ermöglichen. Mehrere Lehrende dieser Einrichtung wurden bereits verhaftet. 2008 kam es zudem zu einer Verhaftung des inoffiziellen Führungsgremiums der Bahai. Sie wurden in einem intransparenten und ungerechten Verfahren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

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