Sozialkredit-System

Mit dem seit 2014 aufgebauten Sozialkredit-System perfektioniert der chinesische Staat die vollständige Überwachung des eigenen Volkes. Bürger, die sich systemkonform verhalten werden dadurch belohnt, diejenigen, die Kritik äußern, bestraft.

IGFM: Chinesen werden als Eigentum der KP-Führung missbraucht

Das Sozialkredit-System ermöglicht totale Kontrolle – Minderheiten werden rassistisch benachteiligt

Frankfurt am Main/Peking, 10. Februar 2022 – Mit dem Sozialkredit-System perfektioniert der chinesische Staat die vollständige Überwachung des eigenen Volkes und erstickt demokratischen Protest bereits im Vorfeld. Totenstille wird hergestellt. Das zeigt sich aktuell während der Olympischen Winterspiele in Peking, kritisiert die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM).

Staatliche Überwachung hat in China eine lange Tradition. Bereits in den 90er Jahren begann der chinesische Staat Finanz-Rating-Systeme zu etablieren, die die Kreditwürdigkeit seiner Bürger ermitteln sollten. Seit den 2010er Jahren flossen zunehmend auch sozio-politische Daten in die staatlichen Erfassungssysteme ein. Die Überwachung der Bevölkerung soll Proteste schon im Vorfeld unmöglich machen und den Machterhalt der Kommunistischen Partei unter Xi Jinping sowie das wirtschaftliche Wachstum der Volksrepublik sichern, so die IGFM. Seit 2014 wird nun ein Sozialkredit-System aufgebaut, das diejenigen Bürger belohnt, die sich systemkonform verhalten und diejenigen bestraft, die sich kritisch äußern. Es ist ein gigantisches soziales Experiment, das auf die totale Kontrolle der Bevölkerung abzielt. Bereits seit 2017 liefen kleinere Pilotprojekte, 2020 wurde das System schließlich landesweit eingeführt.
Bisher gibt es noch viele einzelne Sub-Systeme, die getrennt Daten erheben und auswerten. Der Staat arbeitet jedoch bereits gemeinsam mit großen privaten Unternehmen, wie der chinesischen Handelsplattform Alibaba, daran, die Algorithmen des Überwachungsnetzwerks zu perfektionieren und ein Lebensbereich übergreifendes System zu schaffen. Durch das Zahlungssystem Alipay wird bereits heute ein Großteil des Kaufverhaltens der chinesischen Bevölkerung dokumentiert, unzählige Kameras erfassen jeden Schritt, Telefonverbindungen und Internetnutzung werden strengstens überwacht. Eine große Mehrheit der Chinesen befürwortet diese Entwicklung. Personen, die an regierungskritischen Protesten teilnehmen, sich im Internet negativ über den Staat äußern oder mit anderen Personen interagieren, die bei der chinesischen Führung in Ungnade gefallen sind, werden im System herabgestuft und geraten im schlimmsten Fall auf eine schwarze Liste, die von jedem im Land eingesehen werden kann. Wer als „unzuverlässig“ gilt, kann keine Flugtickets buchen, darf seine Kinder nicht auf eine gute Schule schicken und hat keinen Zugang zu sozialen Medien, die vielen Bürgerrechtlern als wichtiges Sprachrohr dienen.

Martin Lessenthin, Sprecher des IGFM-Vorstands kritisiert: „Chinesen werden als Eigentum der KP-Führung und Algorithmen als Waffen und Werkzeuge der Unterdrückung missbraucht. Durch die Aufzeichnung und Integration von Bewegungsprofilen, Internetverhalten und intimsten persönlichen Daten wird ein Bonitätssystem geschaffen, das es erlaubt, zwischen „vertrauenswürdigen“ und „unzuverlässigen“ Personen zu unterscheiden. Zum Einsatz kommt hierbei modernste Technik – von Spracherkennung über Body-Scans bis zu Gesichtserkennungssoftware. Mithilfe von Big Data und künstlicher Intelligenz wird jedem Bürger ein Punktewert zugewiesen, der darüber entscheidet, ob man sich frei bewegen darf, welchen Beruf man ergreifen kann oder wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man einen Kredit erhält.“ Die Überwachungstechnologie ist zudem eine neue und starke Waffe bei der Verfolgung der ethnischen Minderheit der Uiguren in der Provinz Xinjiang sowie der Tibeter. Die Erfassung von Stimme, Fingerabdrücken und Gesichtszügen ist für viele Menschen im Machtbereich der Volksrepublik China verpflichtend. Jede abweichende Meinung oder unerwünschte Handlung wird registriert. Als Angehöriger einer Minderheit kann man im Sozialkredit-Ranking höchstens einen durchschnittlichen Wert erreichen. Wer als „unzuverlässig“ eingestuft wird, landet in Internierungslagern der Kommunistischen Partei.

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