IS-Propaganda zu Gefangenen
In einem Bericht propagiert der IS, ungläubige Gefangene zu versklaven und sexuell auszubeuten. Die IGFM hat hier eine vollständige Übersetzung in deutscher Sprache durch Dr. Petra Uphoff veröffentlicht.
Erklärung des Islamischen Staates (IS) zu weiblichen Gefangenen und Sklaven
Vorab auf einen Blick:
Das „Amt [arab.: diwan] für Forschungen und Fatwas des Islamischen Staats“ (IS) hat eine „amtliche“ Erklärung zum Thema Gefangene und Sklaven erlassen. Verfasst ist der Text in Fragen und Antworten, einer Form, die bei Anfragen nach islamischen Rechtsgutachten (Fatwas) sehr gebräuchlich ist.Die Ausführungen um die „richtige“ Art der „Benutzung“ von Sklavinnen sind zum Teil sehr detailliert. Die IS-Veröffentlichung erschien im „staatseigenen Verlag“ al-Himma (Arabisch: Hingabe oder Eifer) im Monat Muharram des Hidschra-Jahres 1436, also zwischen Oktober und November 2014. Der Text wurde u.a. in verschiedenen sozialen Medien veröffentlicht. Er ist im arabischen Original leicht auffindbar und offenbar recht weit verbreitet.
Die Autoren des IS wollen und haben keine neue islamische Lehrmeinung geschaffen. Sie wollen im Gegenteil die nach ihrer Auffassung reine Lehre des ursprünglichen Islam durchsetzen. Sie berufen sich auf dieselben Quellen und Traditionen wie der Mainstream-Islam: Den Koran, das historische Vorbild Mohammeds aus der islamischen Überlieferung (Sunna, Hadith) und den Konsens der Rechtsgelehrten. Der IS ignoriert jedoch andere, menschlichere und zum Teil deutlich abweichende Lesarten und Meinungen.
Die Autoren des Islamischen Staates erläutern, dass es muslimischen Männern „erlaubt“ sei, Gefangene zu versklaven und sexuell auszubeuten. Sklavinnen, auch minderjährige und vorpubertäre Mädchen, dürften verkauft, gehandelt und verschenkt werden.
Erlaubt ist dies aus der Sicht des IS, weil die Opfer „ungläubig” sind. Nach dieser Auffassung sind „Ungläubige” alle Menschen, die nicht dem sunnitischen Islam angehören. Dabei wird unterschieden in „anerkannte” Nichtmuslime, insbesondere Juden, Christen und Zoroastrier. Ihnen werden unter verschiedenen Auflagen begrenzt Rechte “gewährt”. Atheisten, Buddhisten, Jesiden, Bahá’í, Polytheisten, Animisten oder auch Anhänger neuerer Religionen haben nach dieser Rechtsauffassung noch nicht einmal ein Existenzrecht. Sie dürften sogar straflos getötet werden.
Der Islamische Staat propagiert eine streng konservative Form des sunnitischen Islams – die muslimischen Schiiten, die weltweit nur eine Minderheit im Islam stellen, sind nach dieser Auffassung entweder „Ungläubige“ oder „Abgefallene“. Diese beiden „Verbrechen“ können nach islamischem Recht mit dem Tod bestraft werden. Bereits seit dem Entstehen des Islamismus in Ägypten um 1930
ist ein bedeutender Gedanke des (sunnitischen) Islamismus, dass selbst andersdenkende oder weniger strenggläubige Sunniten „Abgefallene” sind.
Über Jahrhunderte gab es auch muslimische Sklaven, die nach Vorschriften der Scharia nur muslimschen Herren gehören durften. Auch hierzu gibt es im islamischen Recht detaillierte Regelungen, Bezüge dazu finden sich auch in der Veröffentlichung des IS. In der Praxis sind die Sklavinnen des IS überwiegend Jesidinnen, Christinnen, aber auch Schiitinnen.
Zur Übersetzung
Die IGFM liefert die erste und bisher einzige vollständige Übersetzung in deutscher Sprache durch Dr. Petra Uphoff. Der arabische Text ist in einem traditionellen, klassischen Arabisch gehalten, das auch für Muttersprachler nicht leicht zu lesen ist. Um die Übersetzung besser verständlich zu machen, sind an wenigen Stellen Satzbau und Formulierungen geringfügig verändert – ohne dass der Sinn abgeändert wurde. [Erläuternde Einschübe in eckigen Klammern] stammen von der IGFM, um Begriffe, die im arabischen Original selbsterklärend sind, für den deutschen Leser verständlicher zu machen.
Die deutsche Übersetzung der angeführten Suren entstammen der Online-Version der Koran-Übersetzung nach M.A.Rassoul Zugriff: Februar 2015. Die Übersetzung des IS-Textes orientiert sich an den Online-Veröffentlichungen auf der Seite: www.muslm.org/vb/showthread.php?540257-الدولة-الاسلامية-سؤال-وجواب-في-السبي-والرقاب [Zugriff am 8. Februar 2015].
[ zur arabischen Originalversion …]
„Verlag al-Himma [etwa: Hingabe] Der Islamische Staat
Fragen und Antworten zu Gefangenen und Sklaven
Amt [diwan] für Forschungen und Fatwas,
Muharram 1436 H[idschra; Oktober/November 2014, 1436 nach sunnitisch-islamischer Zeitrechnung
(Credit Vorschaubild: DFID , Flickr CC BY 2.0./ Link: https://www.flickr.com/photos/dfid/14738273007/in/album-72157646294025791/)