IS-Propaganda zu Gefangenen

In einem Bericht propagiert der IS, ungläubige Gefangene zu versklaven und sexuell auszubeuten. Die IGFM hat hier eine vollständige Übersetzung in deutscher Sprache durch Dr. Petra Uphoff veröffentlicht.

Erklärung des Islamischen Staates (IS) zu weiblichen Gefangenen und Sklaven

Vorab auf einen Blick:

Das Titelblatt, von oben nach unten: „Verlag al-Himma [etwa: Hingabe, Eifer]. Der Islamische Staat. Fragen und Antworten zu Gefangenen und Sklaven. Amt [diwan] für Forschungen und Fatwas. Muharram 1436 H[idschra; Oktober/November 2014, 1436 nach sunnitisch-islamischer Zeitrechnung]“

Das „Amt [arab.: diwan] für Forschungen und Fatwas des Islamischen Staats“ (IS) hat eine „amtliche“ Erklärung zum Thema Gefangene und Sklaven erlassen. Verfasst ist der Text in Fragen und Antworten, einer Form, die bei Anfragen nach islamischen Rechtsgutachten (Fatwas) sehr gebräuchlich ist.

Die Ausführungen um die „richtige“ Art der „Benutzung“ von Sklavinnen sind zum Teil sehr detailliert. Die IS-Veröffentlichung erschien im „staatseigenen Verlag“ al-Himma (Arabisch: Hingabe oder Eifer) im Monat Muharram des Hidschra-Jahres 1436, also zwischen Oktober und November 2014. Der Text wurde u.a. in verschiedenen sozialen Medien veröffentlicht. Er ist im arabischen Original leicht auffindbar und offenbar recht weit verbreitet.

Die Autoren des IS wollen und haben keine neue islamische Lehrmeinung geschaffen. Sie wollen im Gegenteil die nach ihrer Auffassung reine Lehre des ursprünglichen Islam durchsetzen. Sie berufen sich auf dieselben Quellen und Traditionen wie der Mainstream-Islam: Den Koran, das historische Vorbild Mohammeds aus der islamischen Überlieferung (Sunna, Hadith) und den Konsens der Rechtsgelehrten. Der IS ignoriert jedoch andere, menschlichere und zum Teil deutlich abweichende Lesarten und Meinungen.

Die Autoren des Islamischen Staates erläutern, dass es muslimischen Männern „erlaubt“ sei, Gefangene zu versklaven und sexuell auszubeuten. Sklavinnen, auch minderjährige und vorpubertäre Mädchen, dürften verkauft, gehandelt und verschenkt werden.

Erlaubt ist dies aus der Sicht des IS, weil die Opfer „ungläubig” sind. Nach dieser Auffassung sind „Ungläubige” alle Menschen, die nicht dem sunnitischen Islam angehören. Dabei wird unterschieden in „anerkannte” Nichtmuslime, insbesondere Juden, Christen und Zoroastrier. Ihnen werden unter verschiedenen Auflagen begrenzt Rechte “gewährt”. Atheisten, Buddhisten, Jesiden, Bahá’í, Polytheisten, Animisten oder auch Anhänger neuerer Religionen haben nach dieser Rechtsauffassung noch nicht einmal ein Existenzrecht. Sie dürften sogar straflos getötet werden.

Der Islamische Staat propagiert eine streng konservative Form des sunnitischen Islams – die muslimischen Schiiten, die weltweit nur eine Minderheit im Islam stellen, sind nach dieser Auffassung entweder „Ungläubige“ oder „Abgefallene“. Diese beiden „Verbrechen“ können nach islamischem Recht mit dem Tod bestraft werden. Bereits seit dem Entstehen des Islamismus in Ägypten um 1930
ist ein bedeutender Gedanke des (sunnitischen) Islamismus, dass selbst andersdenkende oder weniger strenggläubige Sunniten „Abgefallene” sind.

Über Jahrhunderte gab es auch muslimische Sklaven, die nach Vorschriften der Scharia nur muslimschen Herren gehören durften. Auch hierzu gibt es im islamischen Recht detaillierte Regelungen, Bezüge dazu finden sich auch in der Veröffentlichung des IS. In der Praxis sind die Sklavinnen des IS überwiegend Jesidinnen, Christinnen, aber auch Schiitinnen.

Zur Übersetzung

Die IGFM liefert die erste und bisher einzige vollständige Übersetzung in deutscher Sprache durch Dr. Petra Uphoff. Der arabische Text ist in einem traditionellen, klassischen Arabisch gehalten, das auch für Muttersprachler nicht leicht zu lesen ist. Um die Übersetzung besser verständlich zu machen, sind an wenigen Stellen Satzbau und Formulierungen geringfügig verändert – ohne dass der Sinn abgeändert wurde. [Erläuternde Einschübe in eckigen Klammern] stammen von der IGFM, um Begriffe, die im arabischen Original selbsterklärend sind, für den deutschen Leser verständlicher zu machen.

Die deutsche Übersetzung der angeführten Suren entstammen der Online-Version der Koran-Übersetzung nach M.A.Rassoul Zugriff: Februar 2015. Die Übersetzung des IS-Textes orientiert sich an den Online-Veröffentlichungen auf der Seite: www.muslm.org/vb/showthread.php?540257-الدولة-الاسلامية-سؤال-وجواب-في-السبي-والرقاب [Zugriff am 8. Februar 2015].

[ zur arabischen Originalversion …]

„Verlag al-Himma [etwa: Hingabe] Der Islamische Staat

Fragen und Antworten zu Gefangenen und Sklaven

Ein Gefangener ist, wen die Muslime von den Frauen ahl al-harb [gefangen] genommen haben. [Anmerkung der IGFM: ahl al-harb: etwa „Angehöriger des Krieges“. Alle, die sich „den Muslimen“ nicht anschließen oder von ihnen nicht „angeschlossen wurden“, also Angehörige des „Gebiets des Krieges (dar al-harb)“. Sie werden als potentielle Gegner der Muslime betrachtet. Ihr Herrschaftsbereich heißt „Gebiet des Islams (dar al-islam)“.]

Erlaubt ist der ungläubige Gefangene [hier ist nicht explizit die weibliche Form benutzt]; es sind uns also solche Ungläubige erlaubt, die durch den Imam aufgeteilt [wurden], nachdem sie gefangen wurden und ins dar al-islam [etwa „Herrschaftsgebiet des Islams“] gebracht wurden.

Die Gelehrten sind sich darin einig, dass die originär ungläubigen Gefangenen erlaubt sind, wie auch die kitabiyat [etwa: Angehörige des Buches, vorislamische Offenbarungsreligionen, d.h. z.B. Juden, Christen, Zoroastrier] und Heidinnen. Jedoch unterscheiden [die Gelehrten] zwischen abtrünnigen Gefangenen [also ehemaligen Muslimen]. Der Großteil [der Gelehrten] tendiert zu einer Ablehnung der Erlaubnis [der Versklavung abtrünniger Muslime], und einige Gelehrte tendieren zur Erlaubnis abtrünniger Gefangener. Aber die meisten von uns [IS] tendieren zur Mehrheitsmeinung, und Gott weiß es.

Geschlechtsverkehr mit einer Gefangenen ist erlaubt, denn Gott der Erhabene sprach: „[Selig sind die Gläubigen, die in ihrem Gebet (salaat) demütig sind, sich von allem leeren Gerede fernhalten, der (Pflicht der) Almosensteuer (zakaat) nachkommen] und sich des Geschlechtsverkehrs enthalten, außer gegenüber ihren Gattinnen, oder was sie (an Sklavinnen) besitzen, (denn) dann sind sie nicht zu tadeln. – Diejenigen aber, die darüber hinaus (andere Frauen) für sich haben wollen, machen sich (offensichtlich) einer Übertretung schuldig.“ (Die Gläubigen [Sure 23]: 5-6)‘. Und [beachte:] „Was sie an Sklavinnen besitzen“ von den Gefangenen.[Anmerkung der IGFM: Zum besseren Verständnis wurden hier von der IGFM in eckigen Klammern auch die Verse 2-4 angeführt.]

Wenn sie eine Jungfrau ist, darf der Geschlechtsverkehr mit ihr direkt nach der Inbesitznahme stattfinden. Aber wenn sie thaiyiban [defloriert aber nicht verheiratet] ist, muss ihre Gebärmutter gereinigt werden, so wie es im Hadith [der islamischen Überlieferungen zu Mohammeds Verhalten und Gutheißen] des Abu Dawud von Abu Said al-Khudri (Gott segne ihn und gebe ihm Frieden) überliefert wird, dass der Prophet über Gefangene aus Awtas sagte: „Habt mit Schwangeren keinen Geschlechtsverkehr bis zur Geburt, und habt [ihn] mit einer nicht-Schwangeren nicht bis sie vollständig menstruiert [hat].“

Der Verkauf, Kauf oder die Schenkung von Gefangenen und Sklavinnen ist erlaubt, solange sie reiner Besitz sind, mit welchem man Handel betreiben kann – [insofern] kein Schaden oder Nachteil [daraus erwächst].

Die Trennung von einer Mutter und ihren kleinen Kindern ist bis zum Erreichen der Pubertät [arabisch wörtlich „hulum“: etwa „Mannbarkeit“] nicht erlaubt durch Kauf, Verkauf und Schenkung. Ihre Trennung ist erlaubt, wenn die Kinder groß [im Sinne von geschlechtsreif] sind. [Anmerkung der IGFM: Die Meinung der islamischen Gelehrten zur Geschlechtsreife und Heiratsfähigkeit geht auseinander, allgemein tendiert die Mehrheitsmeinung zur Pubertät (ca.12-14 Mondjahre), eine frühere Verheiratung ist aber durchaus mit der Scharia vereinbar und wird auch noch praktiziert. Der rund 50-jährige Mohammed hat seine Lieblings-„frau“ Aisha geheiratet, als sie sechs Jahren alt war und mit ihr die „Ehe vollzogen“ als sie neun war. Eine kleine Minderheit islamischer Rechtsgelehrter meint, dass auch noch jüngere Mädchen verheiratet werden können.]

Der Geschlechtsverkehr steht nur dem zu, der die weibliche Gefangene komplett in Besitz nimmt. Aber wer unvollkommener, anteiliger Besitzer von ihr ist, dem steht der Geschlechtsverkehr mit ihr so lange nicht zu, bis er die restlichen Anteile an ihr kauft oder sie ihm geschenkt werden.

Ihr Verkauf ist nicht erlaubt wenn sie ein Kind erwartet, und sollte ihr Besitzer sterben, kommt sie frei.

Gefangene werden entsprechend der Aufteilung seines Nachlasses verteilt. Allerdings stehen sie dann [möglicherweise] nur als Bedienstete und nicht zum Geschlechtsverkehr zur Verfügung, wenn entweder ein Vater, oder ein Sohn bereits Geschlechtsverkehr mit ihr hatten, oder wenn mehrere Erben sie sich als Besitz teilen.

Ein Mann darf keinen Verkehr mit einer Sklavin seiner Frau haben, weil [die Sklavin] jemand anderem gehört.

Es ist einem Mann nicht gestattet die Sklavin eines anderen zu küssen, denn das Küssen ist zum Vergnügen, und das Vergnügen steht niemandem als dem ausschließlichen Besitzer [der Sklavin] zu.

Der Geschlechtsverkehr mit einer Sklavin, die die Geschlechtsreife [„Mannbarkeit“] noch nicht erreicht hat ist erlaubt, wenn sie geeignet [arabisch „salih“: etwa (ge)brauchbar] für den Geschlechtsverkehr ist; ist sie allerdings noch nicht geeignet für den Geschlechtsverkehr, so reicht es, sie ohne Geschlechtsverkehr zu genießen.

[Anmerkung der IGFM, sinngemäß: Welche Körperteile müssen während des Gebets bedeckt werden?] Ihre Blöße während des Gebets[, die bedeckt sein muss] ist dieselbe, wie sonst, außerhalb [des Gebets,] und ist alles außer Kopf, Nacken, Hände und Füße.

Einer Sklavin ist erlaubt, Kopf, Nacken, Hände und Füße vor einem fremden Mann zu enthüllen, wenn sie Unruhen [arabisch „fitna“: Aufruhr, Krise, Verlockung] vermeiden kann. Jedoch sollte [das Zeigen dieser Körperteile] mit dem Auftreten von Unruhe [fitna] oder der Angst vor ihrem Eintreten verboten werden.

Es ist erlaubt zwei Schwestern, eine Sklavin und ihre Tante [Schwester des Vaters] oder eine Sklavin und ihre Tante [mütterlicherseits] als [Sex-]Sklavinnen zusammen zu besitzen. Aber eine Gemeinsamkeit beim Geschlechtsverkehr ist nicht erlaubt. Wer Geschlechtsverkehr mit einer von ihnen hatte, dem steht der Geschlechtsverkehr mit den anderen nicht zu, so wie es allgemein verboten ist.[Anmerkung der IGFM: Nach den Vorgaben der Scharia sind beispielsweise polygame oder aufeinander folgende Ehen mit Blutsverwandten, etwa zwei Schwestern, verboten. Der Geschlechtsverkehr mit Sklavinnen gilt nicht als eine Form der Ehe, ist also neben vier polygamen Ehefrauen und (vor allen bei von Schiiten praktizierten) Zeit-Ehen als sexuelle Beziehung legitim.]

Al-ʹazl ist der Verzicht, Sperma in die Scheide der Frau zu ejakulieren [d.h. coitus interruptus].

Es ist dem Mann erlaubt, al-‚azl [coitus interruptus] bei der Vereinigung mit der Sklavin [anzuwenden], mit oder ohne ihr Einverständnis.

Das Schlagen der Sklavin zur Disziplinierung [arabisch: darb ta’dib] ist erlaubt; verboten ist das Knochen brechende [darb al-taksir], befriedigende [at-taschaffi: schlagen mit der Absicht, zur Befriedigung], oder folternde Schlagen [at-ta’dhib]; zudem ist es verboten, ihr Gesicht zu schlagen. [Anmerkung der IGFM: Im klassischen Islam ist es Konsens, dass auch das Schlagen der Ehefrau geboten ist, wenn der Ehemann „Ungehorsam befürchtet“. Die wichtigste Quelle dazu ist die Koran-Sure 4:34.]

Das Davonlaufen eines Sklaven oder einer Sklavin ist schwerste Sünde; [ein Hadith] von Mansur Ben Abd ar-Rahman, von asch-Scha’bi [und] von Jarir [überliefert besagt], dass er hörte, dass [der Prophet Mohammed] sagte: „Immer, wenn ein Sklave von seinem Herrn entlaufen ist, ist er einem Ungläubigen gleich, bis er zu seinem Herrn zurückkehrt.“ Da sprach Mansour „und Gott offenbarte dies wahrlich dem Propheten (Gott segne ihn und gebe ihm Frieden), aber ich hasse es, dass ich [Mansour] es hier in Basra verbreiten [soll].“ ([Ein Hadith von] Muslim). [Anmerkung der IGFM: Mansour sollte offenbar in Basra hierzu reden, wollte dies aber aus verschiedenen Gründen nicht.]

Für sie [d.h. die Sklavin, die dem Gebieter davonläuft] gibt es keine [festgelegte] Strafe in der Scharia, dennoch ist sie so hart zu strafen, dass es ein abschreckendes Beispiel für eine Flucht ist.

[Anmerkung der IGFM: gemeint sind v.a. jüdische, christliche, zoroastrische Sklavinnen und Schiitinnen.] Es ist einem freien [Mann] nicht erlaubt, eine muslimische oder kitabiya-Sklavin zu heiraten, außer demjenigen, der befürchtet, eine Sünde gegen sich selbst zu begehen, nämlich die Sünde der Unzucht. Und Gott der Erhabene sprach: „‘Und diejenigen von euch, die nicht so bemittelt sind, dass sie ehrbare gläubige Frauen zu heiraten vermögen, (sollen welche) von euren gläubigen Mägden (heiraten), die ihr (als Sklavinnen) besitzt. Allah weiß sehr wohl über euren Glauben Bescheid. Ihr gehört (als Gläubige) zueinander (ungeachtet der Unterschiede in der sozialen Stellung).‘ Bis hin zum Ausspruch des Erhabenen [Gottes]: ‚Dies ist (eine Erleichterung) für diejenigen von euch, die (bei gänzlicher Enthaltsamkeit) fürchten, in Bedrängnis zu kommen. Doch ist es besser für euch, Geduld zu üben (und auf die Heirat von Sklavinnen zu verzichten). Allah ist barmherzig und bereit zu vergeben.‘“ (Die Frauen [Sure 4, Auszug] aus dem Vers 25).

Es sprach Ibn Qudama al-Maqdisi [Anmerkung der IGFM: ein berühmter hanbalitischer Rechtsgelehrter]: „Sie ist kein Teil seines milk al-yamin [Sex-Sklavin]… Wenn sie sich nach Sexualverkehr sehnt, obliegt ihm, ihren Bedürfnissen nachzukommen, sei es durch Geschlechtsverkehr mit ihr, ihre Verheiratung oder ihren Verkauf. ([Aus dem Buch] Al-Mughni).[Anmerkung der IGFM: Die vielfache Ermordung von männlichen Gefangenen legt nach diesem Absatz fast die Vermutung nahe, dass zumindest in manchen Fällen, durch die Tötung der Männer die Ehen der weiblichen Gefangenen beendet werden sollten, um sie ungehindert „sexuell nutzen zu können“.]

Einem Besitzer ist der Geschlechtsverkehr mit einer Sklavin verboten, die mit jemand anderem verheiratet ist; dem Besitzer stehen ihre [Arbeits-]Dienste zu, dem Ehemann der [sexuelle] Genuss.

Wenn eine Sklavin etwas begeht, was die Anwendung der hadd-Strafen erfordert, [dann] wendet die hadd-Strafe für sie an. Allerdings reduziert die hadd-Strafe, die sie erhält, um die Hälfte, denn Gott der Erhabene sprach: „Und wenn sie (durch die Eheschließung) ehrbare Frauen geworden sind und dann etwas Abscheuliches begehen, kommt ihnen die Hälfte der Strafe zu, die (in einem solchen Fall) für die (freigeborenen) ehrbaren Frauen vorgesehen ist. Dies ist (eine Erleichterung) für diejenigen von euch, die (bei gänzlicher Enthaltsamkeit) fürchten, in Bedrängnis zu kommen.“ (Die Frauen [Sure 4]: aus dem Vers 25).

Ja, das ist erlaubt, und diese Transaktion wird „al-Mukataba“ [etwa: Vereinbarung] genannt.

Gott der Erhabene sprach: „Doch wie kannst du wissen, was das Hindernis ist? (Es besteht darin) dass man einem Sklaven zur Freiheit verhilft.“ (Die Stadt [Sure 90]:12-13) Und er [der Prophet Mohammed] sagte: „Wenn einer einem gläubigen Sklaven die Freiheit schenkt, dann rettet Allah für jedes Glied des Sklavenkörpers ein gleiches Glied seines eigenen Körpers vor dem Höllenfeuer.“ (Erzählung Muslims). Es sprach Nawawi in seinem Kommentar: „Dieser klare Hadith befürwortet die Freilassung und dass es eine vorzügliche Handlung ist, aus der die Befreiung vom [Höllen]feuer und der Eingang ins Paradies resultiert“ (Al-Minhaj [Nawawis Kommentarschrift zu Muslims Hadith-Sammlung]).[Anmerkung der IGFM: Die Erzählung Muslims, einem prominenten Hadith-Überlieferer, entstammt dem Werk as-Sahih, Hadith Nr. 2775, hier zitiert aus Islamische Datenbank.de Zugriff Februar 2015]

[Anmerkung der IGFM: Buße / kaffara hat im Arabischen denselben Wortstamm wie das Wort für Ungläubige bzw. Häretiker] Die Buße ist die Befreiung eines gläubigen Sklaven, wer dies nicht kann, faste [tagsüber] durchgehend über zwei Monate. Gott der Erhabene sprach: „Kein Gläubiger darf einen (anderen) Gläubigen töten, es sei denn (er tötet ihn) aus Versehen. In diesem Fall ist (als Sühne) ein gläubiger Sklave in Freiheit zu setzen und (außerdem) Wergeld [Blutgeld] (zu bezahlen), das seinen Angehörigen auszuhändigen ist – es sei denn, sie zeigen sich mildtätig. Und wenn er zu Leuten gehört, die euch feind sind, während er (seinerseits) gläubig ist, ist (als Sühne) ein gläubiger Sklave in Freiheit zu setzen (ohne dass auch noch Wergeld [Blutgeld] bezahlt wird). Und wenn er Leuten zugehört, mit denen ihr in einem Vertragsverhältnis steht (ohne dass sie ihrerseits den Islam angenommen haben), ist Wergeld [Blutgeld] (zu bezahlen), das seinen Angehörigen auszuhändigen ist, und (außerdem) ein gläubiger Sklave in Freiheit zu setzen. Und wenn einer keine Möglichkeit findet (einen Sklaven in Freiheit zu setzen), hat er (dafür) zwei aufeinanderfolgende Monate [tagsüber] zu fasten. (Das ist) ein Gnadenakt vonseiten Allahs. Allah weiß Bescheid und ist weise.“ (Die Frauen [Sure 4]: 92).

Die Buße ist die Speisung von zehn Armen [„Elenden“] oder ihre Bekleidung oder die Befreiung eines gläubigen Sklaven – so wie nach der Mehrheit [der Gelehrten] – und das je nach freier Wahl. Und wer [dies] nicht vermag, der soll drei Tage fasten. Gott der Erhabene sprach: „Allah belangt euch (beim Gericht) nicht wegen des (leeren) Geredes in euren Eiden. Er belangt euch vielmehr, wenn ihr eine (regelrechte) eidliche Bindung eingeht (und diese dann nicht haltet). Die Sühne dafür besteht darin, dass man zehn Arme beköstigt, so wie ihr gewöhnlich eure (eigenen) Angehörigen beköstigt, oder sie kleidet oder einen Sklaven in Freiheit setzt. Und wenn einer keine Möglichkeit (zu derartigen Sühneleistungen) findet, hat er (dafür) drei Tage zu fasten. Das ist die Sühne für eure Eide, wenn ihr schwört (und hierauf eidbrüchig werdet). Gebt Acht auf eure Eide! So macht Allah euch seine Zeichen klar. Vielleicht würdet ihr dankbar sein.“ (Der Tisch [Sure 5]: 89).

[Zihar ist ein im Islam verbotener „Verzichtschwur“, bei dem der Mann seiner Frau schwört, sie sexuell nicht mehr anzurühren, ohne sie danach zu verstoßen.] Die Buße dafür ist die Freilassung eines gläubigen Sklaven – so wie bei der Mehrheit [der Gelehrten] – wer dies nicht kann, der faste durchgehend zwei aufeinanderfolgende Monate, [wer] das nicht kann, der speise sechzig Arme [„Elende“] – in dieser Rangfolge. Gott der Erhabene sprach: „Wenn aber Männer, die sich von ihren Frauen scheiden mit der Formel, sie seien ihnen verwehrt wie der Rücken ihrer Mutter (wa-llaziena yuzaahiruuna min nisaa`ihim), und dann (sie) zurücknehmen möchten, wie sie gesagt haben, ist (als Sühne) ein Sklave in Freiheit zu setzen, (und zwar) ehe Mann und Frau den ehelichen Verkehr (wieder) aufnehmen. Das ist eine Ermahnung an euch. Allah ist wohl darüber unterrichtet, was ihr tut. Und wenn einer keine Möglichkeit findet (einen Sklaven in Freiheit zu setzen), hat er (dafür) zwei aufeinanderfolgende Monate zu fasten. (Auch dies) ehe Mann und Frau den ehelichen Verkehr (wieder) aufnehmen. Wenn einer (auch) dazu nicht in der Lage ist, hat er sechzig Arme zu beköstigen. Dies (ist euch verordnet), damit ihr an Allah und seinen Gesandten glaubt. Das sind die Gebote Allahs. Die Ungläubigen aber haben (dereinst) eine schmerzhafte Strafe zu erwarten.“ (Al-Mujadila [Sure 58]: 3-4).

[Anmerkung der IGFM: Fastenmonat, in dem zur Tageszeit u.a. weder gegessen, getrunken noch Beischlaf verübt werden darf.] Die Buße ist die Freilassung eines Sklaven, wer dies nicht kann, der faste durchgehend zwei aufeinanderfolgende Monate, [wer] das nicht kann, der speise sechzig Arme [„Elende“] – in dieser Rangfolge. Abu Huraira… (möge Gott ihn segnen) überliefert: Ein Mann wohnte seiner Frau im Ramadan bei, er befragte den Propheten …(Gott segne ihn und gebe ihm Frieden) hierzu, der sagte zu ihm: „Hast du einen Sklaven?“ Er sagte: „Nein“. Er fragte: „Und kannst du zwei Monate fasten?“ Er sagte: „Nein“. Da sprach er: „Dann speise sechzig Arme“. ([Dies wurde] vereinbart).

Die meisten Gelehrten sind sich bei der Befreiung [eines Muslims] von der Buße bei Tötung einig, dass der Sklave gläubig sein muss. Sie unterscheiden zwischen der Buße bei Meineid, Zihar [ein im Islam verbotener Schwur, auf Geschlechtsverkehr zu verzichten, s.o. Frage 30] und dem Geschlechtsverkehr [am Tag] während des [Fastenmonats] Ramadan. Und die Mehrzahl der Gelehrten tendiert dahin, dass die Freilassung nur für gläubige Sklaven [gilt], und die [sunnitische Rechtsschule der] Hanafiten tendiert dahin, dass die Freilassung nicht gläubiger Sklaven [gilt], außer bei der Buße für Mord. Aber die deutlichere der beiden Aussagen ist die der Mehrheit [der Gelehrten].[Anmerkung der IGFM: „gläubig“ heißt im Kontext des klassischen Islams immer muslimisch, hier sunnitisch-muslimisch. Schiiten gelten der Mehrheit der Sunniten als Ketzer oder als vom Islam Abgefallene. Beides sind nach islamischer Rechtsauffassung todeswürdige „Verbrechen“.]

Dies [ist ein] Einblick in das teilweise verschüttete Wissen zum zeitgemäßen Recht [fiqh], und Gott der Erhabene weiß es und ist weise [verbreitete islamische Redewendung].

Amt für Forschungen und Fatwas
Muharram 1436 H[idschra]“

Amt [diwan] für Forschungen und Fatwas,
Muharram 1436 H[idschra; Oktober/November 2014, 1436 nach sunnitisch-islamischer Zeitrechnung


(Credit Vorschaubild: DFID , Flickr  CC BY 2.0./ Link: https://www.flickr.com/photos/dfid/14738273007/in/album-72157646294025791/)

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