Golrokh Iraee
Die iranische Schriftstellerin und Menschenrechtlerin Golrokh Iraee wurde bereits im September 2014 zusammen mit ihrem Ehemann, dem prominenten Studentenaktivisten Arash Sadeghi, verhaftet. Kurz nach ihrer Freilassung im April 2019 wurde Iraee am 7. September 2019 wegen „Beleidigung des Führers“ erneut zu drei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Im April 2021 wurde ihre Haftstrafe um ein weiteres Jahr verlängert. Nachdem sie im Mai 2022 freigelassen wurde, kam es im September 2022 im Rahmen der Proteste zu einer erneuten Verhaftung.
Erneute Haftstrafe für Golrokh Iraee
Die iranische Schriftstellerin und Menschenrechtlerin Golrokh Iraee wurde am 5. September 2019 wegen „Beleidigung des Führers“ und „Propaganda gegen den Staat“ zu drei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Grundlage für ihre Verhaftung war ihre bisher unveröffentlichte Kurzgeschichte über Steinigungen im Iran. Iraee war zuvor bereits für mehrere Jahre inhaftiert, nach einer Freilassung im Frühjahr 2019 wurde sie im November desselben Jahres erneut inhaftiert. Am 9. Mai 2022 wurde Iraee freigelassen. Kurze Zeit später im September 2022 wurde sie im Rahmen der Proteste erneut verhaftet. Eine „Begnadigung“ lehnte Golrokh ab, da sie sich im Gegenzug für ihren friedlichen Protest entschuldigen sollte. Sie wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Verfolgung bereits seit 2014
Am 6. September 2014 wurde die Schriftstellerin zusammen mit ihrem Ehemann, dem prominenten Menschenrechtler und Studentenaktivisten Arash Sadeghi in Teheran verhaftet. Ohne Haft- oder Durchsuchungsbefehl drangen mehrere Männer in die Wohnung des Ehepaars ein. Es handelte sich vermutlich um Angehörige der Islamischen Revolutionsgarden. Sie entwendeten Laptops, Büchern und CDs – auch die unveröffentlichte Kurzgeschichte „The Stoning of Soraya M”. Die iranische Justiz warf ihr u.a. vor „Iranerinnen zu motivieren, das Kopftuch abzulegen” und „Petitionen zu unterschreiben”. Während der Verhandlung vor dem Islamischen Revolutionsgericht in Teheran wurden ihr und ihrem Ehemann das Recht auf eine Aussage verweigert. Der erste von Golrokh Iraee und Arash Sadeghi benannte Rechtsanwalt, wurde von staatlichen Stellen bedroht und legte daraufhin sein Mandat nieder. Dem zweiten Anwalt verweigerte das Gericht die Einsicht in sämtliche Unterlagen inklusive der Anklageschrift und ließ ihn schließlich als Rechtsbeistand nicht zu.
Das islamische Revolutionsgericht in Teheran verurteilte Iraee in Abwesenheit zu sechs Jahren Haft und ihren Ehemann zu 19 Jahren Gefängnis. Der Vorwurf gegen Iraee lautete „Beleidigung der Heiligkeiten“ und „Propaganda gegen den Staat“. Das Berufungsgericht bestätigte die Haftstrafe im Dezember 2015, jedoch musste Iraee die Strafe zunächst nicht antreten.
Festnahme 2017 und erneute Verurteilung 2019
Am 24. Oktober 2016 betraten Islamische Revolutionsgarden ihre Wohnung, verbanden ihr die Augen und brachten sie schließlich ins Evin-Gefängnis. Sie untersagten Iraee, ihr Asthma-Medikament mitzunehmen, da sie, nach Aussage des Vollzugsbeamten, sowieso im Gefängnis sterben würde. Dennoch kritisierte sie offen eine von der Gefängnisleitung organisierte Führung durch das Evin-Gefängnis, bei der Botschafter aus verschiedenen Ländern über die tatsächlichen Haftbedingungen getäuscht wurden. Hungerstreiks und die sehr schlechten Haftbedingungen führten dazu, dass sie Anfang April 2018 ins Baghyatollah Hospital in Teheran verlegt werden musste.
Nach internationalen Protesten wurde die Strafe im März 2017 um zwei Jahre und sechs Monate verkürzt.
Am 8. April 2019 kam sie ohne Angabe von Gründen bis auf Weiteres frei, nachdem sie eine für iranische Verhältnisse enorme Kaution von umgerechnet knapp 13.000 Euro (60 Millionen Toman) hinterlegt hatte. Nach ihrer Freilassung im April 2019 bestand jederzeit die Möglichkeit einer erneuten Verhaftung. Denn gegen Iraee und die iranische Menschenrechtsaktivistin Atena Daemi lief bereits ein weiteres Verfahren wegen angeblicher „Beleidigung des Führers“, „Störung der öffentlichen Meinung“ und „Propaganda gegen den Staat“. Dafür wurde sie im September 2019 erneut zu drei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Ab dem 13. November 2019 musste sie diese Strafe im Qarchak-Gefängnis nahe Varamin verbüßen.
Im April 2021 wurde Iraees Haftstrafe in ihrer Abwesenheit um ein weiteres Jahr verlängert. Außerdem wurde ihr ein zweijähriges Reiseverbot sowie ein zweijähriges Verbot der Teilnahme an politischen Parteien und Gruppen auferlegt.
Haftbedingungen
Bei Scheinhinrichtungen wegen angeblicher „Beleidigung des Islam„ wurde sie misshandelt und gezwungen zuzuhören, ebenso musste sie mit anhören, wie ihr Ehemann in der Nachbarzelle geschlagen, getreten und misshandelt wurde. Immer wieder wurde Iraee im Gefängnis körperlich und seelisch misshandelt. Der Kontakt zu ihrer Familie, zu medizinischer Versorgung und zu einem Rechtsanwalt wurde ihr weitestgehend verweigert. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtete bereits im September 2020 über die verheerenden Zustände in iranischen Gefängnissen während der Covid-19-Pandemie. Berichten zufolge wurde eine Mitgefangene von Golrokh Ibrahimi Iraee positiv auf Covid-19 getestet. Golrokhs Familie hat wiederholt die Gefängnisbehörden sowie die iranische Justiz aufgefordert, die Gefangene auf Kaution freizulassen, aber ihre Forderungen wurden jeweils abgelehnt.
Iraee wurde mehrfach rechtswidrig, teils gewaltsam zwischen dem Evin-, Amol- und Qarchak-Gefängnis hin- und her verlegt. Die Menschenrechtsaktivistin hat mehrere Hungerstreiks im Gefängnis abgehalten, so lange, dass ihre Gesundheit teilweise stark gefährdet war und sie auch im Krankenhaus behandelt werden musste.
Erneute Festnahme 2022
Golrokh wurde nach ihrer Freilassung am 09. Mai 2022 erneut am 26. September 2022 von „Sicherheitskräften“ in ihrem Haus in Teheran festgenommen und in das Gharchak-Gefängnis in Varamin gebracht. Die Festnahme und das neue Verfahren gegen Golrokh stehen im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten in den Sozialen Medien. Sie unterstützte die Frau-Leben-Freiheit Proteste und war in den Sozialen Medien sehr aktiv.
Der Richter Iman Afshari, Leiter der Abteilung 26 des Teheraner Revolutionsgerichts, verurteilte Golrokh wegen „Versammlung und Absprache mit der Absicht, die Sicherheit des Landes zu stören“ zu sechs Jahren Haft und wegen „Propaganda gegen das Regime“ zu einem Jahr Haft. Die Haftstrafe wurde vom Berufungsgericht auf fünf Jahre verkürzt. Außerdem wurde Golrokh zu einem Ausreiseverbot für zwei Jahre verurteilt. Am 30. November 2022 wurde sie in das Evin-Gefängnis verlegt.
Golrokh ist, zusammen mit Narges Mohammadi und anderen mutigen Frauen in Evin-Gefängnis, immer noch die Stimme anderer Gefangener. Auf ihrem X-Account werden weiterhin Informationen zu Unterstützung der Gefangenen veröffentlicht. Unter anderem postet sie dort Informationen über die Gefangenen, denen die Hinrichtung droht. Sie unterstützt weiterhin die Proteste und kritisiert das Regime bezüglich ihrer willkürlichen Hinrichtungen von unschuldigen Menschen.
Stand: Dezember 2023