Kuba: Interview mit John Suarez

Kuba-Flagge

Auf Kuba werden jährlich Tausende wegen Kritik an der Regierung inhaftiert. Der Menschenrechtsaktivist und Direktor des „Center for a Free Cuba“ in Virginia, USA, John Suarez, setzt sich für die unschuldig Inhaftierten ein. Im Interview gibt er Einblick in die gefährliche Situation für Menschenrechtsaktivisten auf der Insel.

„Tausende sind inhaftiert, die kein Verbrechen begangen haben“

Kurz gesagt, wie funktioniert das kubanische Rechtssystem?

„Das Rechtssystem in Kuba ist nicht unabhängig, sondern dem totalitären Regime untergeordnet, das mittels Repressionen versucht, seine totale Macht zu erhalten. Das kubanische Rechtssystem ist somit völlig der Castro-Diktatur unterworfen.“

Wie viele Menschen sind in dem kommunistischen Staat inhaftiert?

„Nach einem Bericht der New York Times vom 13. Januar 2020 legte ein ehemaliger hochrangiger Richter in Kuba Dokumente vor, die zeigten, dass etwa 92 Prozent der Angeklagten in den mehr als 32.000 Fällen, die jedes Jahr in Kuba vor Gericht gehen, für schuldig befunden werden. Darüber hinaus heißt es in dem Artikel, dass Aufzeichnungen zeigen, dass es in kubanischen Gefängnissen mehr als 90.000 Insassen gibt.“

Und was sagt das kubanische Regime?

„Die kubanische Regierung hat die Zahl nur einmal öffentlich bekannt gegeben, nämlich im Jahr 2012, als sie behauptete, dass 57.000 Menschen inhaftiert seien. Laut einem Artikel der EuropaPress vom 13. Januar 2020, das sich auf Angaben des Institute for Crime and Justice Policy Research bezieht, hat Kuba heute die größte Pro-Kopf-Gefangenenpopulation der Welt.“

Jüngst wurden zwei Mitglieder der größten Demokratiebewegung der Insel, der UNPACU, willkürlich verhaftet und verurteilt, obwohl sie kein Verbrechen begangen haben. Was hat es damit auf sich?

„Das ist richtig, Yunislei Richard Viel wurde wegen „Gefährdung der Gesellschaft“ (Peligrosidad Social Pre delictiva) zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Roilán Álvarez Rensoleris sitzt derzeit 18 Monate wegen „Ungehorsam“ (desobediencia) ab und nun steht ihm eine neue Anklage wegen „Respektlosigkeit“ (desacato) bevor. Die Verbrechen, derer diese beiden Männer beschuldigt werden, zeigen, dass die mögliche Infragestellung des bestehenden Status quo in Kuba bereits eine Straftat darstellt.“

Yunislei Richard Viel wurde wegen „Gefährdung der Gesellschaft“ (Peligrosidad Social Pre delictiva) zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Roilán Álvarez Rensoleris sitzt derzeit 18 Monate wegen „Ungehorsam” (desobediencia) ab und nun steht ihm eine neue Anklage wegen „Respektlosigkeit” (desacato) bevor.

Yunislei Richard Viel (rechts im Bild) wurde wegen „Gefährdung der Gesellschaft“ zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Roilán Álvarez Rensoleris sitzt derzeit 18 Monate wegen „Ungehorsam” ab.

Was bedeuten „Respektlosigkeit“ und „Ungehorsam“ genau?

„Respektlosigkeit (desacato) ist eine Anklage, die darauf beruht, dass jemand respektlos über einen Beamten des Castro-Regimes gesprochen hat und wird in Kuba mit Gefängnis bestraft. Man kann zum Beispiel inhaftiert werden, wenn man über Raul Castro, das derzeitige Staatsoberhaupt, abfällig redet. Ungehorsam (desobediencia) ist eine Anklage, die auf Ungehorsam oder Widerstand gegenüber einem Regierungsbeamten beruht, aber auch willkürlich gegen Dissidenten erhoben werden kann.“

Wer wird denn in Kuba der„Gefährdung der Gesellschaft“ beschuldigt?
„Gefährdung der Gesellschaft ist ein Verbrechen, das regelmäßig Dissidenten vorgeworfen wird. Noch häufiger werden allerdings normale Kubaner dessen beschuldigt, die nicht Teil der Opposition sind. Das Regime fürchtet nämlich, dass sie aufgrund ihrer Kontakte kritisch eingestellt oder wenn sie arbeitslos sind oder Touristen belästigt haben.“

Wie viele Menschen sind aktuell wegen dieses „Vergehens“ in Haft?

„Derzeit sind etwa 8.400 Kubaner wegen „Gefährdung der Gesellschaft“ inhaftiert. Unseren Quellen zufolge werden jedes Jahr etwa 4.000 Kubaner beschuldigt, „unsozial“ oder „gefährlich“ zu sein, und die meisten werden der „Vorkriminalität“ für schuldig befunden. Sie haben nichts Falsches getan, aber aufgrund einer Reihe von Faktoren glaubt das Regime, dass sie eine Gefahr für den Status quo darstellen. Es handelt sich um ein Orwellsches Verbrechen mit totalitären Merkmalen, das Tausende inhaftiert, die kein Verbrechen begangen haben.“

Der Menschenrechtsaktivist und Direktor des “Center for a Free Cuba” in Virginia, USA, John Suarez, setzt sich für die unschuldig Inhaftierten ein. Im Interview gibt er Einblick in die gefährliche Situation für Menschenrechtsaktivisten auf Kuba.

John Suarez ist Direktor am „Center for a Free Cuba“ in Virginia, USA. Suarez setzt sich für Menschenrechte in Kuba ein und hat bereits für die Inter-Amerikanische Kommission für Menschenrechte in Washington DC sowie vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf ausgesagt.

Teilen Sie diesen Beitrag!

Nach oben