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Der taiwanesische Demokratieaktivist Lee Ming-che wurde im März 2017 bei der Einreise in die Volksrepublik China festgenommen und im September 2017 zu einer fünfjährigen Haftstrafe wegen angeblicher „Untergrabung gegen die Staatsgewalt“ verurteilt ohne dafür Beweise vorzulegen. Am 14. April 2022 wurde er aus der Haft entlassen und konnte in seine Heimat nach Taiwan zurückkehren.
Nach fünf Jahren Haft zurück in Taiwan
Lee Ming-che (李明哲; geboren am 25. Februar 1975) ist ein taiwanesischer Demokratie- und Menschenrechtsaktivist. Er engagierte sich in mehreren Nichtregierungsorganisationen für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung, sowie ein freies China. Lee Ming-che wurde Ende März 2017 in der Volksrepublik China wegen angeblicher „Untergrabung der Staatsgewalt“ inhaftiert und am 11. September 2017 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Die chinesischen Behörden werfen ihm vor, seit 2012 bei wiederholten Besuchen ein Netzwerk aufgebaut zu haben, um ein Mehrparteiensystem in der Volksrepublik einzufordern. Lee ist verheiratet mit Lee Ching-yu. Am 14. April 2022 wurde Lee aus der Haft entlassen und konnte nach Taiwan zurückkehren.
Festnahme und Prozess
Nach seiner Verhaftung am 19. März 2017 verbrachte Lee sechs Monate in Isolationshaft. Er war über Macao in die Volksrepublik eingereist. Der Mittlere Volksgerichtshof der Stadt Yueyang befand Lee Ming-che am 11. September 2017 der „Untergrabung der Staatsgewalt“ schuldig und verurteile ihn zu fünf Jahren Gefängnis. Dem Taiwanesen war auch vorgeworfen worden, Angehörigen inhaftierter Dissidenten geholfen zu haben. Lee legte während des Prozesses ein mutmaßlich erzwungenes „Geständnis“ ab und verzichtete darauf, Berufung einzulegen. Die Behörden legten keinerlei Belege gegen ihn vor. Vielmehr gilt die Strafe ausschließlich Lees Einsatz für Demokratie und Menschenrechte. Nach Überzeugung der IGFM soll das Urteil Menschen außerhalb der Volksrepublik, insbesondere Taiwanesen, abschrecken, sich für Demokratie und Menschenrechte in der Volksrepublik (VR) zu engagieren.
Lee Ming-ches Ehefrau Lee Ching-yu bezeichnete das Verfahren als „politische Show“. Sie sei stolz auf die Arbeit ihres Mannes. Er habe gewusst, dass er gefoltert worden wäre, wenn er sich nicht schuldig bekannt hätte. Es war der erste bekannte Prozess in der Volksrepublik gegen einen Demokratieaktivisten aus einem anderen Staat, seit das sogenannte „Wohltätigkeitsgesetz“ am 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist. Mit diesem Gesetz hat die Regierung in Peking die Kontrollen über Nichtregierungsorganisationen noch weiter verschärft.
Haftbedinungen
Seiner Frau und den übrigen Angehörigen wird Kontakt mit Lee Ming-che verweigert oder sehr erschwert. Lee ist an Diabetes Typ 2 erkrankt und leidet unter Bluthochdruck, weshalb er Medikamente benötigt. Seine Haftbedingungen und sein medizinischer Zustand sind nicht bekannt. Am 17. August 2019 verstarb Lee Ming-ches Vater, woraufhin seine Frau Lee Ching-yu im September 2019 einen Antrag auf den Besuch der Beerdigung für Lee stellte. Dieser wurde abgelehnt, obwohl nach dem chinesischen Gesetz Gefangene Anspruch auf den Besuch der Beerdigung ihrer Elternteile haben.
.png)
Lee Ming-che vor dem Mittleren Volksgericht Yueyangs in der Zentralregion Hunan, VR China.
Foto: Mittleres Volksgericht Yueyang, Hunan
Verhältnis zu Taiwan schwer beschädigt
Lee Ming-che ist ein ehemaliger Mitarbeiter der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP), die in Taiwan als demokratische Opposition gegen die früher dort herrschende Militärdiktatur gegründet wurde. Taiwan, das sich offiziell „Republik China“ nennt, ist ein pluralistischer, demokratischer Inselstaat. Im Gegensatz dazu ist die Volksrepublik China eine Einparteiendiktatur der Kommunistischen Partei. Taiwans Regierung hat die hohe Haftstrafe gegen Lee Ming-che scharf kritisiert. Die Gefangennahme Lees belastet das komplizierte Verhältnis beider Staaten weiter. Die Führung der VR beansprucht die uneingeschränkte Herrschaft über die Insel und betrachtet sie als „Teil Chinas“.
Unterstützung durch das Europäische Parlament
Die willkürliche und lange Freiheitsstrafe wegen des Einsatzes für Demokratie wird weit über die Grenzen Taiwans hinaus international scharf kritisiert. Das Europäische Parlament forderte in der Resolution RC-B8-0459/2017 am 5. Juli 2017 die Freilassung von Lee Ming-che.
Zur Resolution des Europäischen Parlamentes für Lee Ming-che