Mohammad Nourizad
Der iranische Regisseur und Menschenrechtsaktivist wurde im Februar 2020 wegen „Gründung einer illegalen Gruppe“ und „Propaganda gegen den Staat“ zu einer fünfzehnjährigen Haftstrafe verurteilt. Er hatte im Internet über im Iran inhaftierte politische Gefangene berichtet und den Rücktritt Ali Khameneis gefordert. Aktuell ist er im Mashad-Gefängnis im Osten des Iran inhaftiert.
Regisseur wegen kritischen Äußerungen zu 15 Jahren Haft verurteilt
Mohammad Nourizad ist am 10. Dezember 1952 geboren, verheiratet und Vater drei erwachsener Kinder. Der Menschenrechtsaktivist arbeitete neben seiner Tätigkeit als Regisseur ebenso als Journalist für die konservative Zeitung „Kayhan“ in Teheran. Seinen Abschluss absolvierte Nourizad in Elektrotechnik an der iranischen Universität für Wissenschaft und Technologie in Teheran. Nachdem er zusammen mit 13 anderen Aktivisten im August 2019 eine Erklärung unterzeichnet und veröffentlicht hatte, die unter anderem den Rücktritt von Ali Khamenei forderte, wurde er am 11. August 2019 von Geheimdienstbeamten verhaftet und ins Mashhad-Gefängnis im Osten des Iran gebracht. Als Protest gegen die Verhaftung und das langwierige Gerichtsverfahren trat Nourizad Mitte November 2019 im Gefängnis in einen Hungerstreik. Das Islamische Revolutionsgericht der Stadt Mashhad verurteilte den Regisseur im Februar 2020 wegen „Gründung einer illegalen Gruppe“ und “Propaganda gegen den Staat“ zu 15 Jahren Haft, darüber hinaus zu drei Jahren Exil in einer abgelegenen Stadt im Iran und einem dreijährigen Verbot, das Land zu verlassen. Aktuell ist er im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert.
Gravierende gesundheitliche Probleme in Haft
Nourizad leidet nach eigenen Angaben an einer Herzkrankheit, die dazu führt, dass sein Gehirn nicht mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird. Nachdem bekannt wurde, dass Nourizad nach Hungerstreiks und wegen der schlechten hygienischen Umstände im Gefängnis in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung ist, weiterhin aber nicht die benötigte medizinische Versorgung erhält, appellierten Unterstützerinnen und Unterstützer des Regisseurs, darunter auch die prominenten iranischen Menschenrechtsaktivisten Narges Mohammadi und Abdolfattah Soltani, in einem offenen Brief an die iranischen Behörden. Auch in den sozialen Medien setzte sich die Zivilgesellschaft für Nourizads Freilassung und Überleben ein. Am 4. Mai 2021 forderten unabhängige Menschenrechtsexperten der UN den Iran auf, den politischen Gefangenen unverzüglich freizulassen und ihm freien Zugang zu der erforderlichen medizinischen Behandlung zu gewähren. Im Juli 2021 wurde der Journalist schließlich gegen Zahlung einer Kaution von umgerechnet 160.000 € für einen Krankenhausbesuch aus dem Gefängnis entlassen. Obwohl sein Anwalt warnte, dass Nourizads medizinischen Behandlungen noch nicht abgeschlossen seien, wurde er im Januar 2022 aufgefordert, wieder ins Gefängnis zurückzukehren.
Nourizad nach seiner Entlassung in den medizinischen Hafturlaub: Er benötigt Krücken beim Gehen und hat sehr viel Gewicht verloren.
Frühere Proteste und Verhaftungen
Nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009 schrieb er einen offenen Brief an den Obersten Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, und erklärte ihn für die Unterdrückung und Tötung der Menschen während der Massenproteste im Iran verantwortlich. Als Antwort auf die kritischen Worte wurde Nourizad im September 2009 vom iranischen Geheimdienst verhaftet, weil er jene beleidigt hatte, die für die Regierung arbeiten”, „Propaganda gegen den Staat” betrieben und “den Obersten Führer beleidigt“ hätte. Einige Monate später wurde Nourizad auf Grundlage dieser Vorwürfe zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Während dieser Haft verbrachte er etwa sechs Monate in Einzelhaft.
Im April 2010 forderten rund 40 iranische Filmemacher und Schriftsteller in einem offenen Brief Nourizads Freilassung. Infolgedessen wurde er am 24. Mai desselben Jahres gegen Kaution aus dem Gefängnis entlassen. Nach seiner Freilassung reiste Nourizad viel durch den Iran, verfasste Berichte und drehte Dokumentationen über Schutzbedürftige und Mittellose. Zudem berichtete er auf seinem Webblog und in den sozialen Medien über politische Gefangene und deren Familien und wurde deshalb auch mehrmals von Geheimdienstmitarbeitern festgenommen. Gemeinsam mit der prominenten iranischen Menschenrechtsaktivistin, Narges Mohammadi, war Mohammad Nourizad Mitglied der „Legam“-Kampagne, die darauf abzielte, die Todesstrafe im Iran abzuschaffen. Er war auch einer der Pioniere, die nach der Revolution im Jahr 1979 die Bürger- und Menschenrechte der Bahá’í im Iran forderten.
Verhaftung und Folter im Anschluss an die Forderung von Khameneis Rücktritt
Zwischen Februar 2018 und August 2019 wurden insgesamt drei Briefe veröffentlicht, in denen der Rücktritt des Führers der Islamischen Republik und die Änderung der Verfassung gefordert wurden. Es wurde zum „Nein zur Islamischen Republik“ appelliert, in dem unter anderem der Führer für bestehende kritische und gefährliche Situationen im Iran verantwortlich gemacht und der dringende Wunsch nach gewaltfreien Maßnahmen geäußert wurde. Diese Briefe wurden, mit Nourizad eingeschlossen, von über 40 iranischen zivilpolitischen Aktivisten innerhalb und außerhalb des Landes unterzeichnet, darunter auch von den politischen Gefangenen Mohammad Hossein Sepehri oder Giti Pourfazel.
Die Islamische Republik verfolgte bei der Konfrontation mit den Unterzeichnern unterschiedliche Ansätze, von telefonischen Drohungen bis hin zur völligen Unterdrückung durch Verhaftung, Folter und Gefängnis. Acht von ihnen wurden im Februar 2020 zu 72 Jahren Haft verurteilt. Seitdem befinden sich die meisten Unterzeichner im Iran in Gefängnissen oder sind gegen Kaution frei.
Stand: März 2022