Mohammad Rajabi
Der Immobilienmakler wurde wegen seiner spontanen Teilnahme an den Protesten im November 2019 wegen „Feindschaft zu Gott“ im Februar 2020 zum Tode verurteilt. Dank der internationalen #NoToExecution-Kampagne kann das Verfahren neu aufgerollt werden. Diesmal, aufgrund des großen öffentlichen Interesses an dem Fall, mit einem Menschenrechtsanwalt an seiner Seite.
Mohammad Rajabi (1994) wurde nach der Teilnahme an landesweiten Protesten im November 2019 im Iran gemeinsam mit seinen Freunden Amir Hossein Moradi und Saeed Tamjidi verhaftet. Entfacht wurden die Proteste durch den steigenden Benzinpreis, vorangetrieben durch die allgemeine Unzufriedenheit über Repressionen, fehlende Rechtsstaatlichkeit und die allgemein schlechte wirtschaftliche Situation. Dem Immobilienmakler wird „Feindschaft zu Gott“ vorgeworfen, da er als „Aufstandsführer“ Banken und Tankstellen angezündet haben soll. Deswegen wurde er von Abolghasem Salavati, Richter der 15. Abteilung des Teheraner Revolutionsgerichts, am 19. Februar 2020 zum Tode verurteilt und erhielt zusätzlich eine Haftstrafe von elf Jahren und 74 Stockhieben für die Anklagen des „bewaffneten Raubüberfalls“ und der „illegalen Grenzüberquerung“. Rajabi streitet alle Anklagepunkte ab und betont, dass die Ungerechtigkeit und die rückschrittlichen Gesetze im Land Grund für seinen Protests gewesen seien. Das Urteil wurde im Juli 2020 vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Aufgrund des Drucks durch eine internationale Social-Media-Kampagne wurde seine Todesstrafe am 19. Juli 2020 vorerst ausgesetzt. Im folgenden Dezember gab das oberste Gericht in Teheran bekannt, dass das Verfahren neu aufgerollt werde. Rajabi ist jedoch weiterhin im Teheraner Zentralgefängnis inhaftiert. Die Anhörung des neuen Verfahrens wurde am 4. Juli 2021 bereits zum vierten Mal verschoben.
Verhaftung
Nachdem Rajabis Freund, Amir Hossein Moradi bereits kurz nach den Protesten verhaftet wurde, flohen Rajabi und Tamjidi in die Türkei, um einer Verhaftung zu entgehen. Die türkischen Sicherheitskräfte nahmen jedoch beide fest und übergaben sie am 28. Dezember 2019 an iranische Sicherheitskräfte, da sie als Entflohene des Evin-Gefängnisses gelistet waren. Bei ihrer Rückführung verbrachten sie zwei Tage ohne Nahrung oder Trinkwasser. Zunächst wurden sie in einer Haftanstalt des Geheimdienstministeriums in Teheran festgehalten, später ins Zentralgefängnis in Teheran überführt.
Folter und fehlende Rechtstaatlichkeit
Im Gefängnis wurde Rajabi kopfüber aufgehängt, mit Schlagstöcken misshandelt und getreten, um ihn zu einem Geständnis zu zwingen. Vor dem Gericht nahm er das erbrachte Geständnis zurück und beteuerte, lediglich friedlich an den Protesten teilgenommen und gefilmt, jedoch nie Banken oder öffentliche Plätze angezündet zu haben. Für seine Verteidigung in der Gerichtsverhandlung wurde ihm die freie Anwaltswahl verweigert. Der vom Gericht gestellte Anwalt arbeitete gegen Rajabi, anstatt ihn zu verteidigen.
Internationaler Protest gegen Todesurteil
Im Sommer 2020 wurde durch die Kritik zahlreicher internationaler Menschenrechtsorganisationen und mit einer internationalen Twitter-Kampagne “#NoToExecution“ gegen die Todesurteile der drei jungen Aktivisten protestiert – mit Erfolg. Am 19. Juli 2020 wurde ein Gesuch auf die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt und die Todesstrafe vorerst ausgesetzt. Das Verfahren wurde an den obersten iranischen Gerichtshof weitergeleitet. Es meldeten sich drei Menschenrechtsanwälte freiwillig, um die drei Aktivisten zu vertreten. Nur durch die große öffentliche Aufmerksamkeit war es ihnen möglich, die Fälle zu übernehmen. Die Anwälte betonten, dass ein durch Folter erzwungenes Geständnis nicht Grundlage für ein gültiges Urteils sein könne.
Stand: Januar 2022