Mojahed Kourkour
Mojahed Kourkour wurde willkürlich im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten festgenommen. Er soll für die Vertuschung der Tötungen durch iranische „Sicherheitskräfte“ geopfert werden. Diese propagandistischen Maßnahmen soll der Unschuldige mit seinem Tod bezahlen. Ein endgültige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist jedoch noch nicht bekannt.
Unschuldig zum Tode verurteilt
Kian Pirfalaks Tod
Während des Protestes im Jahr 2022 auf dem Markt in Izeh eröffneten „Sicherheitskräfte“ das Feuer auf die Menge. In derselben Nacht wurde auch das Auto, in dem Kian Pirfalak und seine Eltern saßen, beschossen. Dabei wurde der 9-Jährige getötet und sein Vater schwer verletzt. Der Tod von Kian erzürnte die internationale Gemeinschaft- weit über die Grenzen des Irans hinaus. Im Inland löste die Tötung des Kindes neue Protestwellen aus.
Das Regime behauptet fälschlicherweise, dass Mojahed derjenige gewesen sein soll, der auf Kian und seinen Vater geschossen hat. Jedoch hat Mojahed weder in der Nacht vom 16. November 2022 an den Protesten teilgenommen, noch war er in der Nähe. Er schloss sich lediglich am nächsten Tag den Protesten an, um gegen dieses brutale Massaker zu demonstrieren.
Festnahme
Am 20. Dezember 2022 stürmten die Geheimdienstkräfte der iranischen Revolutionsgarde (IRGC) das Haus im Dorf Por Sourakh in der Nähe von Izeh. Dabei verletzten sie Mojahed und töteten zwei weitere Bewohner des Hauses, Hassan Saeedi und Mahmoud Ahmadi. Die Mutter von Mojahed veröffentlichte nach der Verhaftung von Mojahed ein Video, indem sie um Unterstützung für Ihren Sohn bittet, damit dieser nicht hingerichtet wird. Sie betont, dass kein Familienmitglied der getöteten Protestierenden ihren Sohn für die Morde verantwortlich sieht oder gar beschuldigt. Gleichzeitig strahlte das iranische Staatsfernsehen Bilder aus, die angeblich Mojahed Kourkour, Mahmoud Ahmadi und Hossein Saeedi zeigen. Sie werden beschuldigt, an dem „Terroranschlag“ in Izeh beteiligt gewesen zu sein.
Zwei Tage nach der Verhaftung Mojaheds wird die Geschichte in den offiziellen Medien im Iran als „Operation zur Verhaftung des Mörders von Kian Pirfalak“ betitelt. Sie veröffentlichten die Verhaftung von zwei Personen und die Tötung von zwei weiteren Personen während der Operation. Die Identität der letzten Person wurde nicht bekannt gegeben. Die Videoaufnahme von Mojaheds erzwungenem Geständnis wurde zusammen mit Aufnahmen seiner Verhaftung am 30. Dezember 2022 in den offiziellen iranischen Medien ausgestrahlt.
Darauf zu sehen ist Mojahed, der in Haft ein unter schwerer physischer und psychischer Folter erzwungenes Geständnis abgelegt hat. Ihm wurde das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren verwehrt und zunächst keine rechtliche Vertretung zugesprochen. Er wurde in Einzelhaft unter menschenunwürdigen Konditionen festgehalten. Zudem wurden ihm Besuche der Familie nicht gestattet und die Familie erhielt keinerlei Informationen darüber, wo Mojahed gefangen gehalten wurde. Telefonate wurden in unregelmäßigen Abständen bewilligt. In einem Telefonat teilte Mojahed mit, dass die Kugel, die er während seiner Verhaftung ins Bein bekommen hatte, zwar entfernt worden sei, aber keine weitere Behandlung vorgenommen wurde. So könnte er sein Bein verlieren.
Unterstützung von Opferfamilien und Protestierenden
Kurz nach der Verhaftung von Mojahed wurden auf sozialen Medien mehrere Videos hochgeladen, die skandierende Menschen am Denkmal von Kian Pirfalak zeigen. Sie sprachen ihre Unterstützung für Mojahed Kourkour aus und lehnten die Darstellung des Mordes von Kian Pirfalak durch Mojahed ab, welches das Regime aufrechterhalten möchte. Sie hielten Schilder mit der Aufschrift: „Lüg uns nicht an, Kian ist Mojaheds Bruder“ hoch.
Am 27. Dezember 2022 erklärte Kians Onkel Sajjad Pirfalak auf einer Medienplattform, dass es eine Beleidigung sei, die Bakhtiari für den Terroranschlag verantwortlich zu machen. Die Bakhtiari sind eine ethnische Minderheit im Iran. Ferner wies er jede Darstellung des Regimes über die Tötung Kians und die Verletzung seines Vaters Meysam zurück. Nach der Verurteilung im April 2023 veröffentlichte Meysam Pirfalak ein Video, in dem er Folgendes klarstellt: „Ich habe keine Anzeige gegen Mojahed Kourkour oder irgendjemanden in Izeh erstattet und werde dies auch nie tun, weil meine Frau und ich mit eigenen Augen gesehen haben, dass die Sicherheitskräfte unter der Führung von Abdi Aliour unser Auto mit Kugeln beschossen, mich verwundet und meinen Sohn ermordet haben„. Seit Beginn der falschen Anschuldigungen gegenüber Mojahed beteuert die Familie von Kian, dass sie ihn in keiner Verbindung mit dem Tod Kians sehen.
Prozess und Todesurteil
Am 19. März 2022 fand der Prozess gegen Mojahed Kourkour vor dem Revolutionsgericht von Ahvaz statt. Berichten zufolge wurde er wegen „Moharebeh“ und „Korruption auf Erden“ angeklagt. Mit diesen Anklagepunkten wird ihm unter anderem vorgeworfen, dass er für den Tod von sieben Menschen, darunter den von Kian Pirfalak, verantwortlich sei.
Am 07. April 2023 wurde Mojahed zum Tode verurteilt. Die endgültige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist jedoch noch nicht bekannt. Als Beweis für seine Tat, diente scheinbar ein Überwachungsvideo – die Existenz eines solchen Videos kann nicht bestätigt werden. Das Urteil wurde auf Grundlage dieses angeblichen Beweismittels, welches Mojahed zeigen soll, wie er seine Waffe auf Menschen richtet, gepaart mit anderen fragwürdigen Gutachten und Funden, gesprochen. Am selben Tag veröffentlichte die Mutter von Kian, Zeynab Molaeirad, ein weiteres Foto von sich zusammen mit der Mutter von Mojahed und dem Hashtag „Nein zur Hinrichtung von Mojahed Kourkour„. Mojahed hat sechs Schwestern, er ist der einzige Sohn seiner Mutter.
Vom 21. Februar bis zum 24. März 2023 befand sich Mojahed im Hungerstreik, um gegen seine rechtswidrige Inhaftierung und die ihm zugefügte Folter zu protestieren. Sein Gesundheitszustand ist kritisch. Im Juni 2023 wurde die Familie für einen Besuch zusammengerufen, was besorgniserregend ist, da diese spezifische Geste oftmals bedeutet, dass die Hinrichtung des Gefangenen bald darauf erfolgen wird.
Selbstmordversuch aus Verzweiflung
Einer vertraulichen Quelle zufolge durfte Mojahed Kourkour nach mehreren Monaten Gefangenschaft seine Eltern als Besucher empfangen. Es wird berichtet, dass er sowohl körperlich als auch geistig in einer schlimmen Verfassung war. Er soll im Gefängnis ein Selbstmordversuch begangen haben, nachdem er durch die Gefängnisbeamten erfuhr, dass auch seine Schwester angeblich verhaftet wurde. Die Beamten sollen ihm ein Video präsentiert haben, welches die Razzia auf das Haus seiner Schwester zeigte, und ihn dabei schikaniert und gedroht haben, dass sie seiner Schwester „alles Unheil antun werden“. Nach diesen Aussagen soll es Mojahed so schlecht ergangen sein, dass er sich selbst das Leben nehmen wollte.
Bei dem Besuch seiner Eltern soll Mojahed sie angefleht haben, ihm die Wahrheit über seine Schwester mitzuteilen. Obwohl ihm seine Eltern wiederholt versicherten, dass sie nicht verhaftet wurde, konnte er es aufgrund der Videoaufnahme, die die Beamten ihm gezeigt hatten, nicht glauben.
Mojahed Kourkour ist noch immer unmittelbar von einer Hinrichtung bedroht. Ihm werden medizinische Behandlungen, die aufgrund von Angriffen durch „Sicherheitskräfte“ notwendig sind, nicht gewährt. Im Juli 2023 reichte Kian Pirfalaks Mutter ein offizielles Dokument ein, welches zum wiederholten Male bestätigt, dass die Eltern von Kian Pirfalak nicht Mojahed Kourkour für den Tod ihres Sohnes verantwortlich sehen. Sie betont, dass sie ganz genau weiß, wer die Kugel auf ihren Sohn abgefeuert hatte – und das sei keineswegs Mojahed Kourkour oder die anderen Männer, die dafür unschuldig in Haft sitzen.
Systematische Missachtung der Menschenrechte
Die Islamische Republik Iran missachtet systematisch die Rechte ihrer Bürger. Immer wieder kommt es zu willkürlichen Festnahmen, Verurteilungen ohne faire Gerichtsprozesse sowie zu Misshandlungen und Hinrichtungen von Andersdenkenden. Mit der unmenschlichen Behandlung ihrer Gefangenen verletzt die Islamische Republik Iran in hohem Maße die von ihr ratifizierten menschenrechtlichen Mindeststandards des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte („Zivilpakt“) der Inhaftierten. Dazu gehören unter anderem das Verbot von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Artikel 7), das Verbot willkürlicher Gefangennahme (Artikel 9) sowie das Recht auf ein faires Verfahren (Artikel 14).
Stand: September 2023