Muslimische Geistliche rechtfertigen Lynchmord an pakistanischem Studenten

IGFM: Blasphemie-Gesetz zur Rechtfertigung von Verbrechen missbraucht

Frankfurt am Main (21. April 2017) – In Pakistan erregt ein Lynchmord wegen Blasphemie überregional Aufsehen. Seit Gründonnerstag sorgen in sozialen Netzwerken Filmaufnahmen von der Gewalt gegen den 23-jährigen Studenten Mashal Khan der Abdul Wali Khan Universität im pakistanischen Mardan auch weltweit für Entsetzen. Nach Angaben der Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) weisen ein Geständnis und eine Zeugenaussage darauf hin, dass es sich um einen kalkulierten Mordaufruf handelte, um einen sozial engagierten und unbequemen Studenten zum Schweigen zu bringen. Inzwischen haben mehrere islamische Geistliche den Mord damit gerechtfertigt, dass der Staat seiner Pflicht nicht nachkomme, Gotteslästerer hinzurichten.

Mehrere pakistanische Imame machten insbesondere das Oberste Gericht für die Gräueltat verantwortlich, weil dies im vorigen Oktober das Blasphemie-Verfahren gegen die christliche Landarbeiterin Asia Bibi vertagt hatte. „Wenn Sündern, die von den Gerichten für gotteslästerlich erklärt wurden, nicht Aufschub ihrer Strafe gewährt würde, dann würden Studenten nicht auf diese Weise handeln“, erklärte Mufti Muhammad Haneef Qureshi in einem von der Agentur AsiaNews zitierten Fernsehinterview. Vorfälle wie der an der Universtität Mardan würden sich wiederholen, solange sich Menschen in ihren religiösen Gefühlen verletzt sähen. Mit dem Fortgang des Verfahrens gegen Asia Bibi wird im Juni gerechnet.

IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin unterstreicht, dass es aus den Reihen islamischer Geistlicher auch heftige Kritik an dem Lynchmord gibt. Der pakistanische Mufti Naeem nannte den Ermordeten einen Märtyrer. Er rief Islamgelehrte aller Glaubensrichtungen dazu auf, Gewaltakte aufgrund des Missbrauchs der Blasphemie-Gesetze zu verurteilen. Sie sollten eine Stellungnahme abgeben, der zufolge diese Lynchakte sich „gegen die Scharia und gegen das pakistanische Gesetz“ richteten.

IGFM: Lynchmorde wegen „Beleidigung des Islam“ in Pakistan verbreitet

Der ermordete Journalistik-Student war ein säkularer Muslim, der zuvor durch Kritik am Missmanagement seiner Universität und an sozialen Missständen aufgefallen war, aber nie durch religionskritische Äußerungen. Kommilitonen und Mitarbeiter der Universitätsverwaltung drangen am 13. April unter „Allahu akbar“ („Gott ist am größten“) Rufen in sein Zimmer ein. Sie rissen ihm Kleider vom Leib, traten ihn, prügelten mit Gegenständen auf ihn ein und warfen ihn aus dem zweiten Stock. Die IGFM kritisiert, dass in der pakistanischen Gesellschaft islamischer Extremismus so verbreitet sei, dass das bloße Gerücht ausreiche, um Menschen in aller Öffentlichkeit zu ermorden. Lynchmorde wegen angeblicher Beleidigung des Islam sind in Pakistan häufig, finden aber in der Regel überregional wenig oder keine Beachtung, so die IGFM.

IGFM fordert Abschaffung aller Blasphemie-Gesetze

Bei abwertenden Äußerungen über den Islam oder den Propheten Mohammed drohen durch die Artikel 295-B und 295-C des pakistanischen Strafgesetzbuches lebenslange Haft oder die Todesstrafe. Der Vorwurf der Blasphemie dient vor allem in privaten Konflikten als Waffe und wird von Islamisten genutzt, um Andersdenkende und Minderheiten einzuschüchtern und zu tyrannisieren. Die IGFM befürwortet generell die Abschaffung aller Blasphemie-Gesetze weltweit. Es habe sich gezeigt, dass Gesetze dieser Art weder die Religionsfreiheit noch das Bekenntnis von Einzelnen oder Religionsgemeinschaften schützen könnten. Im Gegenteil werden Blasphemie-Gesetze oft sehr einseitig und völlig unangemessen eingesetzt.

Weitere Infos
www.igfm.de/themen-blasphemie/

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