Generationelle Hinrichtungen

Nordkorea

Es ist ein weitverbreitetes Verfahren in Nordkorea, ganze Familien für „anti-revolutionäre“ Verbrechen zu verurteilen. Dabei kommt es auch zu generationellen Hinrichtungen, die laut dem offiziellen nordkoreanischen Strafgesetzbuch verboten sind. Die Bilder bieten Einblicke in das Alltagsleben in Nordkorea.

Generationelle Hinrichtungen

Ein Einblick in eine weitverbreitete Praxis, die außerhalb des Gesetzes steht

Stand: Juni 2024

Es ist ein weitverbreitetes Verfahren in Nordkorea, ganze Familien für „anti-revolutionäre“ Verbrechen zu verurteilen. Außerdem kann jedes Verbrechen, welches als politisch oder entgegen der nordkoreanische Staatsideologie angesehen wird, zu einer Verfolgung und Verurteilung der ganzen Familie führen. Die häufigsten Gründe für die Form der Generationellen Bestrafung sind die Flucht (oder der Versuch einer solchen) eines Familienmitglieds nach Südkorea, das Verschwinden eines Familienmitglieds mit Verdacht auf Flucht nach Südkorea, die forcierte Rücksiedlung eines nordkoreanischen Staatsbürgers aus China, sowie die Distribution oder Konsumierung von ausländischen, besonders südkoreanischen Medien. Dieses Verfahren führt in großem Maß dazu, dass unschuldige Menschen ohne eigenes Verschulden schwer bestraft werden.

In solchen Fällen werden Familien häufig geschlossen in ein politisches Gefangenenlager geschickt, in der Regel ohne Rechtsverfahren. Zeugen haben ausgesagt, dass besonders Folter als Verhörmethode häufig Verwendung findet, um falsche Geständnisse aus den Opfern rauszubekommen. In vielen Fällen werden die Opfer über die Gründe für ihre Verhaftung und Verurteilung im Dunkeln gelassen.

„Klassenfeinde, wer immer sie sind, müssen über drei Generationen ausgerottet werden.“
– Kim Il-Sung

Dabei kommt es auch zu generationellen Hinrichtungen, Verhaftungen mit Übersiedlungen in Straflager sind jedoch deutlich häufiger. Die Praxis der Bestrafung von drei Generationen einer Familie bezieht sich in der Regel nur auf die direkte Blutlinie, also Großeltern, Eltern, Geschwister, und Kinder, sodass entfernte Verwandte verschont bleiben. Außerdem gibt es einige Fälle, in denen es Familienmitgliedern, beispielsweise durch das Einheiraten in eine andere Familie, gelungen ist, dieser Strafpraxis zu entkommen.

Geschichte des 3-Generationen-Strafsystems

Bei der drei Generationen Regel handelt es sich NICHT um ein offizielles Gesetz. Vielmehr beschreibt es eine weitverbreitete Praxis, die außerhalb des Gesetzes steht und von der Regierung unter der Kim-Familie befürwortet wird. Das Verfahren hat seinen Ursprung in den Jahren unmittelbar nach dem Ende des Koreakrieges in 1953, während der Konsolidierung der Macht durch Kim Il-Sung. Während dieser Jahre der Etablierung seiner Machtposition wurden ganze Familien der politischen oder religiösen Opposition in politische Gefangenenlager verschleppt oder sogar hingerichtet. Bis in die 1970er oder 80er Jahre hinein wurden zudem Familien verfolgt und verschleppt, deren Vorfahren (häufig aus der Großeltern-Generation) während des Koreakrieges nach Südkorea geflüchtet waren.

Obwohl die Bestrafung ganzer Familien bis heute häufig Verwendung findet, ist es technisch gesehen eine Verletzung des Strafgesetzbuches von Nordkorea.

In Artikel 13, Absatz 3 der Verfassung hat die Republik Korea eine neue Bestimmung eingeführt, die besagt, dass Bürger nicht wegen der Handlungen ihrer Verwandten, sondern nur wegen ihrer eigenen Handlungen benachteiligt werden dürfen. Dies bedeutet, dass das sogenannte Sippenhaftsystem („Schuld durch Verbindung“) vollständig verboten ist. Gemäß dieser Verfassung wendet die Republik Korea strikt den Grundsatz der individuellen strafrechtlichen Verantwortung an, wonach nur die betroffene Person bestraft wird, selbst wenn ein Familienmitglied, wie beispielsweise der Vater oder Bruder, ein staatsfeindliches Verbrechen begeht, das den Staat umstürzt.

Mehr als 34.000 nordkoreanische Überläufer sind aus Nordkorea geflohen und leben derzeit in Südkorea.

Kim Jong-il war sich der Tatsache bewusst, dass die Verhaftung entfernter Verwandter, wie beispielsweise Cousins und Cousinen bis zum vierten oder sechsten Grad der Mutterfamilie enorme Verluste in der nordkoreanischen Verwaltung und Führung verursachen würde, wenn diese inhaftiert, entlassen, deportiert und in politische Gefangenenlager gebracht werden. Daher hat er seit den 2000er Jahren angeordnet, dass politische Gefangene in speziellen Lagern festgehalten werden und den Geltungsbereich des Sippenhaftsystems auf die Betroffenen und deren unmittelbare Familienangehörige beschränkt.

Die Recherche erfolgte in Zusammenarbeit mit PSCORE.

Weitere Informationen über die Lage in Nordkorea

811, 2023

Veranstaltung zu Menschenrechten in Nordkorea

Zum Symposium „Update on the human rights situation in North Korea” von PSCORE und IGFM am 1. Dezember 2023 ab 13:00 Uhr beim CVJM, Friedberger Landstr. 80, 60316 Frankfurt am Main laden wir herzlich ein. Der Eintritt ist frei.

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