Türkei: Kurdische Sängerin Nûdem Durak
Die kurdische Sängerin Nûdem Durak ist seit April 2015 im Gefängnis, weil Sie ihre kurdische Sprache und Kultur weitergibt. Bildquelle: Facebook „Free Nûdem Durak“
Nûdem Durak ist eine im Jahr 1988 geborene kurdische Sängerin aus dem Dorf Dergül, der Provinz Sirnak. Sie kommt aus einer Familie mit zwölf Geschwistern. Obwohl Nûdem nie eine Schule besucht hat, hat sie sich selbst weitergebildet. Im April 2015 wurde sie verhaftet und aufgrund von „Terrorpropaganda auf Basis ihrer Konzerte in kurdischer Sprache“ zu zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Juli 2016 wurde die Haftstrafe auf 19 Jahre erhöht. Ihre Haftstrafe verbüßt sie in Bayburt. Der tatsächliche Grund ihrer Verhaftung ist das Singen und Weitergeben von kurdischen Volksliedern. Nûdem wurde gemeinsam mit 15 weiteren Personen der Prozess gemacht. Sie wird zudem für die Teilnahme an gewalttätigen Demonstrationen in Cizre und für die Teilnahme an PKK-Propaganda- sowie Rekrutierungstreffen im Mem U Zin Kulturzentrum angeklagt. Ebenso wird ihr eine Beteiligung an der Rekrutierung junger Menschen als PKK-Kämpfer („Guerillas“) vorgeworfen, was ein wiederkehrender Vorwurf der türkischen Behörden gegenüber Personen kurdischer Abstammung ist.
Nach dem der IS 2014 in Syrien einmarschiert ist, stiegen auch in der Grenzstadt Cizre in der Türkei die Spannung zwischen der Polizei und den kurdischen Bewohnern. In Straßenaufständen forderte die kurdische Jugend die türkische Regierung auf, den Kurden in dieser Zeit mehr Schutz zu gewährleisten. Bei diesen Aufständen kam es zu Auseinandersetzung mit der türkischen Polizei, bei denen auch Kurden ums Leben kamen. In dieser Zeit war es Nûdem Durak ein Anliegen, die kurdische Sprache und die Folklorelieder, die seit mehreren Generationen bestehen und Teil der kurdischen Kultur sind, weiter zu geben, damit dieses Kulturerbe nicht ausstirbt.
Hintergrundinformationen
Die Spannungen zwischen Kurden und Türken spitzen sich seit einigen Jahren zu. Immer mehr Menschen werden inhaftiert, wenn sie für ein autonomes Kurdistan einstehen oder ihre Sprache und Kultur öffentlich weitergeben. Vor knapp hundert Jahren hat die Türkei mit einer Assimilationspolitik begonnen. Verbote und Restriktionen sollten die kurdische Sprache aussterben lassen. Laut Verfassung ist es heute noch verboten, muttersprachlichen Unterricht an staatlichen Schulen zu geben. Auch die Opposition wird seit dem Putschversuch im Jahr 2016 gezielt verhaftet. Immer wieder kommt es zu Verhaftungswellen, wie zuletzt am 25. September, wo die Staatsanwaltschaft 82 Haftbefehle gegen Funktionäre, Mandatsträger und Aktivisten erteilte. Laut Staatsanwaltschaft ist der Grund für die Haftbefehle Demonstrationen und Auseinandersetzungen in Diyarbakır und weiteren überwiegend von Kurden bewohnten Städten im Oktober 2014.
Internationale Reaktion
Die internationale Kampangne „Song for Nudem Durak“ solidarisiert sich mit der kurdischen Sängerin und setzt sich mit Hilfe einer Unterschriftensammlung für Ihre Freilassung ein. Bisher haben sich weltweit viele Künstler an der Kampagne beteiligt und Lieder für Nûdem Durak geschrieben. http://songfornudemdurak.org/.
Stand: August 2022
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