30 Jahre friedliche Revolution
Der Beitrag der Stasi- und KGB-Gedenkstätten zur Erinnerungskultur
30 Jahre nach der friedlichen Revolution in der DDR und in Osteuropa – Der Beitrag der Stasi- und KGB-Gedenkstätten zur Erinnerungskultur. So lautete das Thema einer Tagung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt am Main zum Jahrestag des Mauerfalls.
30 Jahre nach dem Untergang des Kommunismus in Ostdeutschland und Osteuropa ist die rückblickende Verklärung und Verharmlosung dieser totalitären Ideologie wieder weit verbreitet. In den Lehrplänen für den Geschichtsunterricht an den Schulen, in Wissenschaft, Forschung und Lehre an den Universitäten, in der Literatur und in den Medien fehlt weitgehend eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kommunismus.
Wer heute 45 Jahre alt oder jünger ist, hat schon keine persönlichen Erinnerungen mehr an die kommunistische Gewaltherrschaft in Europa. Im Jahr 2018 konnte Karl Marx anlässlich seines 200. Geburtstages erschreckend unkritisch und verharmlosend gehuldigt werden. Das wäre kurz nach der „Wende“ 1989/1990 undenkbar gewesen. An diesem Beispiel wird deutlich, welche Aufgaben und zugleich welche Defizite die politisch-historische Bildung hat.
Das Schwarzbuch des Kommunismus – erschienen in erster Auflage 1997 in Frankreich zum 80. Jahrestag der Oktoberrevolution – listet bis dahin 100 Millionen Opfer des Kommunismus auf, darunter 20 Millionen in der Sowjetunion, 65 Millionen in China sowie je 2 Millionen in Nordkorea und Kambodscha.
Prof. Dr. Valters Nollendorfs, Lettland, Raimo Tönissoo, Estland, IGFM-Vorsitzender Edgar Lamm (v.l.n.r.)
Heute erinnern in den östlichen Bundesländern und in Osteuropa Gedenkstätten und Museen an die kommunistische Gewaltherrschaft. Zumeist befinden Sie sich in den ehemaligen Gefängnissen von Stasi und KGB – also an Originalschauplätzen. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur politisch-historischen Bildung. Bei unseren Besuchen in Osteuropa haben wir in den letzten Jahren die KGB-Museen in Litauen, Lettland, Estland und Ungarn besucht. Zur Realität gehört leider auch, dass zwar in Deutschland und den meisten osteuropäischen Ländern von einer offenen Erinnerungskultur gesprochen werden kann, wohingegen in Russland die eigene Vergangenheit bzw. diejenige der ehemaligen Sowjetunion verklärt wird. Die kritische Betrachtung des Kommunismus ist 30 Jahre nach der friedlichen Revolution eine unverzichtbare Aufgabe der politischen Bildung. Damit wird ein Beitrag zur Prävention vor dem – auch aktuellen – politischen Extremismus von links und rechts geleistet.
In seinem Grußwort im Rahmen der Tagung hob Norbert Altenkamp MdB, Mitglied des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages, die Bedeutung der Menschenrechtsarbeit und die der Nichtregierungsorganisation für die Aufarbeitung der Verbrechen durch Diktaturen hervor. Das Okkupationsmuseum in Riga, Lettland, stellte Prof. Dr. Valters Nollendorfs vor. Der Germanist ist seit 1996 Vorstandsvorsitzender des lettischen Okkupationsmuseums und verließ als 13-Jähriger 1944 seine Heimatstadt auf der Flucht vor der Roten Armee. 1961 – 1995 lehrte er als Professor an der Universität Wisconsin/USA. 1988 – 1989 war er Direktor des Lettischen Gymnasiums in Münster. Das Museum in der lettischen Hauptstadt hat die Zeit nach der ersten lettischen Republik, die Jahre 1940 bis 1991, zum Thema.
Raimo Tõnissoo präsentierte das Okkupationsmuseum (KGB-Museum) in Tallinn, Estland. Aus dem Gebäude in Tallinns Altstadt, wurde ab Oktober 1940 ein Haus des Schreckens. Hier befand sich die estnische Unterabteilung für Staatssicherheit des Volkskommissariats für innere Angelegenheiten der UdSSR (NKWD), die bereits ab Juni 1940, als Estland okkupiert wurde, Regimekritiker inhaftierte. Die Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus wurde von Sylvia Wähling, Leiterin der Gedenkstätte, vorgestellt. Das im Oktober 2007 gegründete Menschenrechtszentrum Cottbus e. V. (MRZ) ist seit 2011 Eigentümer des ehemaligen Gefängnisses in der Bautzener Straße und ist Träger der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus mit der Dauerausstellung „Karierte Wolken“ – politische Haft im Zuchthaus Cottbus 1933-1989. Der Verein, dessen Mitglieder zum größten Teil ehemalige politische Häftlinge der DDR sind, setzt sich zum Ziel die Aufklärung über die Rolle des Cottbuser Zentralgefängnisses, insbesondere während der Zeit der beiden deutschen Diktaturen. Prof. Dr. Lajos Gecsényi vom Imre Nagy Memorial House in Budapest, Ungarn, und ehemaliger Generaldirektor des Ungarischen Nationalarchivs, hatte ein Grußwort gesandt.
Norbert Altenkamp, MdB